„Ich möchte auf Marie‘s Eisenbarren bieten“, ruft der zehnjährige Enno und winkt mit seinem Zettel, während um ihn herum weitere Kinder Gebote rufen, in ihren selbst gebastelten Geldbörsen nach Waren suchen, Aufträge lesen oder sich Schecks ausfüllen lassen.
Sie sind Teil einer für die vierte Klasse entworfenen Wirtschaftssimulation, die verständlich machen soll, was es mit Angebot und Nachfrage auf sich hat.
„In der weiterführenden Schule wird das Thema Wirtschaft oft sehr trocken erklärt, obwohl es doch so spannend sein kann“, erklärt Iris Oettershagen, Gruppenleitung an der Grundschule Steinberger Straße. „Wir im offenen Ganztag haben die Zeit und den Auftrag, Kinder zu bilden; warum also nicht jetzt spielerisch an ein Thema heranführen, das in der Pubertät von einigen als eher langweilig empfunden wird?“ Grundlage für das Spiel bilden große Online-Auktionshäuser, in denen man auf Waren Gebote abgeben kann oder sie in Form von Sofort-Käufen direkt erwerben kann. Was innerhalb von zwei Wochen eingekauft werden muss, wurde jedem Kind zu Beginn des Spiels mitgeteilt. Des Weiteren erhielten sie Spielgeld und einige Gegenstände, die sie selbst nicht gebrauchen können, die jedoch ihre Gegenspieler benötigen. Sobald die ersten Waren im Auktionshaus - einer großen Wand aus Kork - standen, begann das Experiment.
Zu den ersten Erfahrungen der Kinder gehörte, dass zu teure Waren keinen Käufer finden, man mit niedrigen Preisen im Gegenzug kaum etwas verdient und es sich lohnen kann, auf etwas zu bieten und das Risiko einzugehen, dass jemand anderes den gewünschten Gegenstand erhält, um doch noch ein Schnäppchen machen zu können.
Ziel ist es, am Ende möglichst viele Punkte zu erhalten, indem man Waren von der Einkaufsliste und möglichst auch noch viel Geld besitzt. „In der Grundschule sind die Kinder in einem Alter, in dem sie zum ersten Mal ihr eigenes Taschengeld verwalten und sich überlegen müssen, wie sie sinnvoll damit umgehen. Bei unserem Spiel hat dies natürlich eine andere Dimension, aber auch hier geht es darum, sich gut zu überlegen, was man mit seinem Geld macht“, erklärt Sercan Özökten, Mitarbeiter bei Rapunzel Kinderhaus e.V.
Um eine engere Verknüpfung zur Lebenswirklichkeit zu schaffen, besuchten die Kinder den REWE Rahmati-Markt, in dem sie nicht nur hinter die Kulissen schauen durften, sondern auch so einiges über den Tagesablauf der Mitarbeiter und die Strukturierung des Supermarktes erfuhren.
Im Stoffgeschäft Bubble Bunt konnten sie hingegen lernen, wie man auf Standortsuche für Geschäftsräume geht und was neben dem Bedienen von Kunden noch alles nötig ist, um erfolgreich zu sein.
Mit welchen Tricks und Kniffen sowohl Kunden angelockt als auch bestimmte Waren verkauft werden sollen, wird nachmittags im offenen Ganztag mit den Kindern besprochen, denn „es ist uns ein großes Anliegen, das schulische Wissen zu erweitern und die Kinder zu kritischen Konsumenten zu machen, die kluge Entscheidungen treffen und sich nicht in Einkaufsfallen locken lassen.“
Davon kennen die Zehnjährigen schon einige: Ob Quengelzone im Supermarkt, erhöhte Preise vor Weihnachten oder Geburtstagskisten bei großen Warenhäusern. Gemeinsam werden Beispiele gesucht und überlegt, welche Verhaltensweisen Konzerne ausnutzen, um größere Gewinne zu machen.
Am Ende des Projektes haben alle Kinder etwas über die heutigen Verkaufstricks und darüber, wie man sein Geld klug verwalten kann, gelernt.